Schottland 2013 – Teil 2

14.08.2013 – 9km
Wir haben wunderbar lang geschlafen. Aufstehen, duschen, alles einpacken und sich aufs Frühstück freuen. Endlich dieses nahrhafte britische Essen am Morgen. Doch auch heute sollte es nicht sein. Denn Frühstück gibt es nur bis 9:30 Uhr und es schon nach 10. Wir bekommen Kaffee, Toast und Marmelade. Im Laden neben an kaufen wir belegte Sandwiches, Chips und Snickers und machen uns auf den Weg. Auch heute scheint die Sonne. Der Glen Falloch – das Tal am River Falloch ist fantastisch: Wunderbare Berglandschaft und wir mitten drin. Der Fluss mit seinen vielen Wasserfällen macht dem Autolärm Konkurrenz, wodurch letzteres nicht mehr so gut zu hören ist. Und das ist vielleicht der einzige Kritikpunkt: Der WHW wird seit Tagen vom Autolärm begleitet. Nat nimmt das nicht so sehr wahr, mich nervt das schon ein wenig. Schade. Im Tal selbst stehen große Strommasten und zerstören am Anfang die schönen Ausblicke.
Nach 9km entscheiden wir uns für das Ende des Wanderweges. Wir wollen es heute langsamer angehen, die zweite Hälfte des Tages mit chillen verbringen. Nat sucht einen Schlafplatz, der nicht so offen sichtbar ist. Ich würde auf einem der vielen Hügel mit wunderbarer Aussicht übernachten. Aber wir haben noch ordentlich Zeit. Es ist gerade mal 15:00 Uhr. An der Gabelung nach Crianlarich wollen wir am Rande eines dunklen Waldes die Nacht abwarten.
Während wir so chillen, faulenzen und den vorbeikommenden Wanderern zuwinken, verschwinden immer mehr Munros im Hintergrund.

in der Nähe von Crianlarich

Wolken verhüllen alles. Rain is coming. Was nun. Wir entscheiden uns, etwas Warmes zu essen und die 5km zum nächsten Campingplatz zu wandern – es wird langsam kühl. Während wir köcheln, fängt es an zu nieseln. Unter den Bäumen bleiben wir trocken. Nach dem Essen stellen wir fest, dass es schon recht spät ist, gewandert wird heute nicht mehr. Am Wald campen wollen wir nicht. Wir laufen ein Stück zurück und dann durch kniehohe Wiesen im Nieselregen auf einen Hügel, wo wir unser Zelt aufbauen. Es hört auf zu nieseln, die Wolken lichten sich, wir haben eine großartige Aussicht. Ich mache viele Fotos. Wir sind nass und glücklich.

Wildzelten in Schottland

15.08.2013 – 7,5km
Was für eine Nacht. Schon beim Einschlafen fing es ordentlich an zu stürmen und zu regnen. Die ganze Nacht blieb es so, immer mal abwechselnd Nieselregen, Wind, Regen, Sturm. Beide hatten wir zwischendurch das Gefühl, bei der nächste Böe hebt das Zelt ab. Gegen 7:00 bin ich zum ersten mal wach, kurz raus, Nat schlüpft ebenfalls hinaus .und stellt die Töpfe vors Zelt, damit wir Wasser sammeln können. Als Nebenprodukt haben eine Einheit für die Niederschlagsmenge: Topf. Dann schlafen wir weiter. Um 11:00 regnet es noch immer. Die Zwangspause wird uns gut tun. Wir haben in den letzten Tagen ordentlich geackert.
Wir schlafen noch eine Stunde und entscheiden uns dann, das Zelt abzubauen. Es regnet gerade nicht, sogar die Sonne schaut kurz raus. Ohne Probleme packen wir alles ein und nehmen den Umweg nach Crianlarich, um Wasser zu holen. Wir überfallen einen Laden und landen in einer Bahnhofskaschemme, trinken mittelmäßigen Kaffee und bereiten uns auf den Aufstieg zum WHW. Nach genau einem Kilometer fängt es an zu regnen. Und diesmal bleibt es nicht beim Nieselregen. In 5km soll es einen Campingplatz geben, den steuern wir an. Wir sind beide komplett durchnässt, ich schwimme in meinen Schuhen. Die Stimmung ist im Keller. In den letzten Tagen sind wir über unzählige Flüsschen gesprungen – heute sind sie ordentlich angewachsen. Einfach so springen ist da nicht. Teilweise heißt es Schuhe ausziehen und auf die andere Seite im kalten Wasser hinüberwaten. Was für ein Abenteuer.
Kaum verlassen wir den Wald, hört es auf zu regnen. Es klart auf. Wir träumen von einem Bett. Auf dem vor uns liegenden Campingplatz kann man anscheinend kleine Hütten mieten, aber da wir mitten in der Hauptsaison sind, geben wir die Hoffnung auf. Mit den nassen Sachen im Zelt .. das wird ein Spaß.
Wir haben blauen Himmel über uns, die Füße nass. An vielen Feldern und Schafen vorbei erreichen wir die Auchtertyre Farm und tatsächlich: Eine Hütte ist noch frei.

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Die Heizung wird sofort aufgedreht und alles aufgehängt. Sogar die Schlafsäcke sind teilweise nass. Die Wanderschuhe werden mit Zeitungen ausgestopft, die restlichen Sachen waschen wir in der Waschmaschine und nutzen den Trockner. Im Laden kaufen wir einen Karottenkuchen – Nat ist im Siebten Himmel.

16.08.2013
Es war schön, unter einem Dach zu schlafen – nach 6 Nächten im Zelt. Nat ist nachts von ihrer Schlafbank gefallen, sie wollte sich auf die andere Seite drehen.
Die Schuhe sind nicht komplett trocken, aber damit müssen wir leben. Ich erlebe den Sonnenaufgang und mache eine Fotorunde: Sonne, blauer Himmel.

*

Doch das hält recht kurz. Bald regnet es wieder. Wir sitzen in der Küche und frühstücken. Nach dem gestrigen Tag habe ich ein bissl Angst, dass es heute wieder durchregnet. Einerseits will ich keine weitere Wanderung im Regen, andererseits wollen wir auch nicht auf dem Zeltplatz hocken. Andere Wanderer berichten, dass der folgende Tag schlimm sein soll, Regen und zwar viel. Da es nach Tyndrum keine Möglichkeit gibt, die Sachen zu trocknen, wollen wir die 4km bis Tyndrum laufen und dort übernachten. Auf dem Weg dorthin regnet es immer mal wieder, aber als wir das Zelt aufbauen, kommt die Sonne raus und bleibt den ganzen Nachmittag. Wir ärgern uns immer mal wieder, dass wir ausgerechnet an so einem Tag nicht laufen. Wir kaufen ein, machen Chilli. Und ruhen uns aus.

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Die Wanderschuhe werden geklebt und eingefettet. Wir lesen und hocken in der Sonne. Abends machen wir eine Runde durch den Ort und machen uns vertraut mit den Midges. Diese Biester gehen einem ordentlich auf die Nerven. Sie kriechen mir im Gesicht rum, das Beißen ist aushaltbar aber das Gewusel nervt. Als ob Fruchtfliegen einem in die Augen, Nase etc wollten.

17.08.2013
Gegen 7:00 werde ich zum ersten mal wach – vom Regen. Es fängt gerade an. Bis 10:00 regnet es sich ordentlich ein. Es schüttet aus allen Kübeln. Ich hüpfe kurz raus, überprüfe die Heringe und befestige die Spannleinen: Die Festung hält. Aber die Aussicht auf einen Tag im Zelt ist nicht gerade rosig. Aus einem Tag Pause ist mittlerweile der dritte Tag geworden und wir kommen nicht voran. Also hocken wir im Zelt. Drin wirkt es so hell und wenn man raus schaut: grau und Regen. Ich schlafe, Nat liest. So erholen wir uns.
Während Nat unter der Dusche hockt, drängt uns der Zeltplatzbesitzer zu einer Entscheidung: Bleiben oder gehen. Es ist mittlerweile Mittag, es schüttet weiterhin und so sage ich zu, dass wir eine weitere Nacht hier bleiben. Minuten später kommt die Sonne raus und wir packen alles wild zusammen. In Tyndrum kaufen wir Kaffee und etwas zu essen. Die Angst vor Regen macht mich schon fertig. Ich schau ständig raus und erwarte Regen. Noch scheint die Sonne.
Wir laufen los und freuen uns, endlich unterwegs zu sein. Stetig bergauf, es wird sogar richtig warm. Die Aussicht ist grandios. Das Tal wird vom Beinn Dorain, einem 1074m hohen Berg, beherrscht.

Beinn Dorain

Immer mal wieder nieselt es kurz, aber das ist kein Vergleich zu den letzten Tagen. Dann fängt es ordentlich an zu schütten, und wir verstecken uns unter einer winzigen Eisenbahnbrücke. Dort lernen wir einen Landschaftsfotografen kennen.

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Nach der Pause geht es abwechselnd in der Sonne und Regen weiter. Im Örtchen Auch zieht es sich endgültig zu, es fängt wieder an zu schütten und wird immer schlimmer. Eine alte Steinbrücke von Bäumen umrahmt bietet uns Schutz.

Wir verstecken uns unter der Brücke, was für ein Abenteuer. Draußen stürmt es und wir packen den Kocher aus und kochen Tee. Überall tropft es.

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Es sieht gar nicht gut aus. Doch es dauert nicht lange und wir können weiter laufen. Es hört komplett auf zu regnen. Vor uns öffnet sich der dunkle Himmel, blau ist zu sehen, die Sonne scheint.

nach dem Schauer

Wat ist dat schön. Nach dem Stress mit dem Regen geht einem das Herz auf. Um uns herum Berge im fantastischen Licht.

abends

So kommen wir bis nach Bridge Of Orchy, trocken, erschöpft aber gut gelaunt. Wir entschließen uns, weiter zu laufen. Ich habe in einem Reisebericht gelesen, dass man auf keinen Fall hier übernachten soll, sondern die 4km weiter über einen Hügel klettern soll. Der Mam Carreigh hat zwar nur 325m, aber die Aussicht soll phänomenal sein. Wir überqueren eine wunderbare alte Steinbrücke und kraxeln hoch. Der Weg ist matschig und anstrengend. Hinter der Baumgrenze sehen wir Rehe. Kurz vor dem Gipfel fängt es an zu regnen – mist! – doch von der anderen Seite scheint weiterhin die Sonne. Dadurch bekommen wir einen vollen Regenbogen zu sehen. Der ist riesig. Ein fetter Bogen.

Regenbogen
erleuchtet
Loch Tulla
unter Wolken

Leider können das die Bilder nicht so wiedergeben. Auch die Aussicht ist fett. Der Regen hört auf, wir machen 1000 Fotos und klettern langsam runter bis zum Inveroran Hotel. In der Nähe dürfen wir an einem Fluss unser Zelt aufschlagen, dabei regnet es natürlich, alles wird nass. Aber danach ist das Licht fantastisch. Auch hier sehen wir Rehe, die recht nahe an uns kommen. Wir machen Essen im Zelt und sind fertig zum schlafen. 14 km haben wir hinter uns – hart aber voller Eindrücke.

Weite

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